Wuchtiger Obelisk einst am Wesertor
Denkmal erinnert an den
deutsch-französischen Krieg 1870/71 – Reste auf Altem Friedhof
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„Die Tadler werden ihre
Flagge streichen, verstummen werden alle Lästerungen, denn fest
steht's Denkmal, tadellos gelungen, des Kreises Minden würd´ges
Dankeszeichen."
So dichtete Baurat
Pietsch zum 24. August 1879, als er ein Denkmal mit einweihte, das
auch in Minden an den deutsch-französischen Krieg von 1870/71
erinnern sollte.
1874 hatten sich im „Kampfgenossen-Verein" organisierte
Kriegsteilnehmer für die Errichtung eines solchen Monumentes
ausgesprochen. Die Veteranen wollten auch an der Weser an ihren
Anteil am Sieg erinnern, der aus ihrer Sicht die Voraussetzung für
die Reichsgründung geschaffen hatte.
Ein Platz für ein solches Monument war dabei zunächst ebenso
unklar wie seine Gestalt, aber ein Komitee fand sich schnell:
Bürgermeister Brüning, Landrat von Oheimb und Generalmajor von
Schulz symbolisierten das Zusammenwirken von "Pickelhaube und
Zylinder".
Bei aller Einigkeit
übers „Dass" sorgten „Wie" und „Wo" in den nächsten Jahren
wiederholt für Diskussionen. Auf sie wollte der Baurat mit seiner
festlichen Gebrauchslyrik offenkundig eingehen.
Zwischen 1871 und 1914 hatten Denkmäler Konjunktur. Künstler und
Baumeister spezialisierten sich auf die vielfältigen Wünsche der
Auftraggeber. Örtliche und regionale Kaiser- und Bismarckdenkmäler
waren ebenso gefragt wie Erinnerungssteine an Regimenter und
Schlachten. Recycling war dabei nicht ausgeschlossen: 1875 bot die
Stadt Bochum den Mindenern einen dort prämierten aber nicht
ausgeführten Wettbewerbsbeitrag an - einen Denkmalentwurf „Der
Rothen Erde" (gemeint war die Provinz Westfalen); ein Unternehmer
aus Wiedenbrück war zur Aufstellung bereit. Eine derartige
„Zweitverwertung" störte an der Weser offenbar das bürgerliche
und regionale Selbstverständnis. Anfang 1876 schrieb das Komitee
einen Wettbewerb aus. Nur Porta- und Obernkirchener Sandstein
sollten demnach verwendet und Metall vermieden werden.
Drei Gipsmodelle und 44
Pläne wurden eingesendet und zeigten das rege Interesse der
Denkmalsbranche. Die Mindener verwarfen 43 Entwürfe wegen zu
hoher Kosten und sonstiger Nichteignung. Im Rennen blieben die
Entwürfe „Deutschland", „Visurgis", „Sechseck" und „Stark und
gerecht". Die Titel zeigen - mit Ausnahme des nüchternen Sechsecks
- den Geist der Zeit. Patriotische Selbstvergewisserung durch
markige Worte konnte man aber auch als, Ausdruck einer
gewissen Unsicherheit des um Identität und Tradition bemühten
jungen Kaiserreichs deuten. Der gewissermaßen zeitlos betitelte
Entwurf „Visurgis" („Weser") setzte sich im Preiskomitee schließlich
durch.
Er stammte aus der Hand
des Dombaumeisters von Metz, Paul Tornow. Dessen Entwurf eines
Obelisken überzeugte die Juroren künstlerisch. Konstruktion und
Materialauswahl bedeuteten zudem, zur Freude der öffentlichen Hand,
dass „kaum jemals Reparaturen an dem aufgestellten Denkmal
erforderlich sein werden“. Luftverschmutzung war in Minden
offenbar noch unbekannt.
So weit, so fein. Nur war der angestrebte Standort noch nicht
verfügbar: Das Denkmal sollte seinen Platz auf dem Rondell nördlich
der Weserbrücke finden. Trotz Aufhebung der Festung 1873 gehörte
der Grund allerdings noch dem Militär. Erst im September 1878
schlossen die Stadt und das Königreich Preußen einen Kaufvertrag
über die Festungsanlagen, die für 177.600 Mark in kommunalen
Besitz übergingen. In den Sommermonaten 1879 errichtete der
mit Denkmalbauten bereits vertraute Wilhelm Moelle das Denkmal
am vorgesehenen Ort. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 8.092
Mark.
1894 übernahm der Kreis
von der Stadt die Unterhaltung der Anlage, insbesondere von Rasen
und Zierbeeten. Bei Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg wurde
das Denkmal beschädigt und 1947 schließlich abgetragen. Die
erhalten gebliebenen Teile des Denkmals sind in der Kapelle des
Alten Friedhofs verwahrt.
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