Beharrlich den Kanalbau vorangetrieben
Eine Sandstein-Pyramide am Mindener Schleusenvorhafen
erinnert an den Ingenieur Dr. Leo Sympher
Minden (mar). Ein Berufskolleg trägt seinen Namen, ebenso
eine Straße und ein Bereisungsboot des Wasser- und
Schifffahrtsamtes: An den Wasserbauingenieur Leo Sympher
erinnert zudem ein eigenes Denkmal am Schleusenvorhafen.
Die Pyramide aus Sandstein in der Nachbarschaft von
Ausstellungshalle und Konzertpavillon war ursprünglich Bestandteil
einer größeren Denkmalanlage am Südufer des Mittellandkanals und
erinnert an einen Mann, dessen Planungen dem Kanalbau im Westen
Deutschlands wichtige Impulse gaben.
Leo
Sympher wurde am 19. Oktober 1854 in Hannoversch Münden geboren.
Seine erste beruflich Beziehung zum Wasser gestaltete sich jedoch
problematisch: 1871 trat er als Offizieranwärter in die junge
Kaiserliche Marine ein, musste aber 1873 wegen einer Sehbehinderung
seinen Abschied nehmen.
Sympher absolvierte stattdessen ein Ingenieurstudium an der
Technischen Hochschule in Hannover. Praktische Erfahrungen zwischen
seinen Staatsexamina sammelte er beim Kanalbau in Lothringen,
Ostpreußen und Ungarn. Von 1883 an gehörte Sympher der
Wasserbauabteilung des Königlich Preußischen Ministeriums für
Öffentliche Arbeiten an. Dort erwies er sich als Fachmann für die
westdeutsche Kanalplanung, die der preußische Staat gegen massive
politische Widerstände gerade des konservativen Milieus Stück für
Stück durchsetzte.
Der Blick in die Ausgaben des "Minden-Lübbecker Kreisblattes" zeigt
zwischen 1880 und 1910 den Kampf um den Kanalbau, nicht zuletzt beim
Ems-Weser-Kanal, dem ersten Abschnitt des heutigen Mittellandkanals.
Berichte über Sitzungen des preußischen Landtages und Herrenhauses,
örtliche Resolutionen pro und contra, publizistische Nebelkerzen,
Kompromissvorschläge und allerlei Ablenkungsmanöver - auf dem Gebiet
planungspolitischer Meinungsbildung erwies sich das Kaiserreich als
recht modernes Gemeinwesen.
Symphers Meisterleistung war die "Wasserwirtschaftliche Vorlage" von
1901, ohne die es wohl so bald keinen Mittellandkanal gegeben hätte.
Ihm gelang es, die Argumente der Gegner zu entkräften. Wenn etwa
braunschweigische und sächsische Bergwerksbesitzer die Konkurrenz
der Ruhrkohle fürchteten, konnte Sympher auf den rasant steigenden
Brennstoffbedarf der Hauptstadt Berlin als Ausgleich verweisen.
Trotzdem fiel die Kanalbauvorlage im preußischen Parlament zunächst
durch - erst allmählich ließ sich der Widerstand der Grundbesitzer
in den Ostprovinzen überwinden, die billiges Importgetreide ebenso
fürchteten wie die Abwanderung der Landbevölkerung. 1905 fand die
"Wasserwirtschaftliche Vorlage" eine Mehrheit - um den Preis, dass
der Kanal vorerst zur Beruhigung der Konservativen nur bis Hannover
gebaut wurde.
Sympher
leitete von Minden aus das Mammutbauvorhaben, das sich bis in den
Ersten Weltkrieg hinzog. Anschließend projektierte er den weiteren
Kanalbau von Hannover bis Magdeburg. Bis zu seinem Tod engagierte
sich Sympher als Vorsitzender des Weserbundes für den Ausbau von
Weser und Mittellandkanal. Er verstarb am 16. Januar 1922 in Berlin.
Bereits unmittelbar nach seinem Tod bildete sich im damaligen
Wasserbauamt II Minden ein Arbeitsausschuss für die Errichtung eines
Gedenksteins. Doch die Inflation der frühen Zwanziger Jahre machte
die bis August 1923 gesammelten Spenden von 2 477 178 Mark fast
wertlos. Nach dem Währungsschnitt blieben davon gerade 150 Mark.
Erst 1926/27 wurde das Projekt wieder aufgenommen. Dabei stand
zunächst die Standortsuche im Vordergrund. 1923 war eine Errichtung
an der westlichen Seite des Oberhafens geplant gewesen, also fast am
heutigen Standort. Allerdings behielt sich die
Wasserstraßendirektion Hannover nun einen Ausbau des
Schleusenvorhafens nach Westen vor, so dass das Denkmal mit Hilfe
der Stadt Minden nun an der südlichen Einschnittböschung des
Kanalufers östlich der heutigen Marienstraßenbrücke mit Blick über
Kanal, Kohleninsel und Wasserstraßenkreuz 1928 aufgestellt wurde.
Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts verfiel die Anlage; ein Teil der
Umfassungsmauer war 1967 abgerutscht. Im Zuge des Kanalausbaus für
das 1350-Tonnen-Europaschiff Mitte der 1970er-Jahre wurde der
Standort aufgegeben und das Sympher-Denkmal 1977 auf die Pyramide
reduziert am heutigen Standort aufgestellt.

Seit
dem 18. Jahrhundert sind Pyramiden Teil der europäischen Begräbnis-
und Erinnerungskultur und haben auf öffentlichen Plätzen und in
Landschaftsgärten ihren Platz gefunden. Bekanntestes deutsches
Beispiel sind die Land- und Seepyramiden der 1860er- Jahre im
Schlosspark Branitz des Fürsten Pückler.
Die Pyramide zur Erinnerung an den Ingenieur Leo Sympher (1854-1922)
stammt aus dem Jahr 1928. Als Baumaterial ist Ibbenbührener
Sandstein verwendet worden. Die Ausführung des Plans eines Baurats
Lüdtcke (Marburg) besorgten die Mindener Unternehmer Homann und
Tüting. Die Seitenlänge der Pyramide beträgt zwei Meter bei einer
Höhe von 1,70 m. Die Pyramide ruht auf vier Bronzekugeln und einem
Steinblock. Die Kugeln knüpfen an ägyptische Traditionen an und
heben die Pyramide symbolisch über ihre "irdische" Umwelt.
Das Denkmal stand ursprünglich auf einem 3,70 m hohen Unterbau, für
den eine 12 x 14,50 m große Plattform an der südlichen Uferböschung
des Kanals geschaffen worden war (östlich der heutigen
Marienstraßenbrücke.) Sechs Meter über dem Wasserspiegel waren
Plattform und Pyramide kaum zu übersehen.
Mit dem Ausbau des Mittellandkanals für das so genannte
"Europa-Schiff" 1977 wurden Plattform und Sockel abgetragen und das
Denkmal erhielt seinen heutigen Platz am Konzertpavillon nahe der
Schachtschleuse. Die ursprüngliche Widmungstafel ist erhalten
geblieben: DEM SCHOEPFER/ DEUTSCHER SCHIFFAHRTSTRASSEN/ DEM
FOERDERER/ DEUTSCHER WASSERRWIRTSCHAFT/ LEO SYMPHER *1854 1922/ ZUM
GEDAECHTNIS. (mar) |