1. Amtmeister-Stolte Stein 1693
  2. Schwichow-Denkmal
  3. Denkmal für Bürgermeister Kleine
  4. Denkmal für die Kriegstoten 1864/66
  5. Denkmal für den Krieg 1870/71
  6. Der Große Kurfürst 1901
  7. Das Pionierdenkmal 1904
  8. Der Manzelbrunnen 1906
  9. Hochwasser-Merkstein um 1910
  10. Spuren des 1. Weltkrieges - Teil I
  11. Spuren des 1. Weltkrieges - Teil II
  12. Denkmäler im Exil
  13. Das Sympher-Denkmal
  14. Sparkassenfiguren
  15. Der Köslin-Stein 1953
  16. Der Pionier am Schwanenteich 1953
  17. Berlin-Stein am Wesertor
  18. Dampflock-Radsatz
  19. Der Weserspucker
  20. Figurengruppe Rathaus
  21. Minden und die Bundeswehr
  22. Skulpturen
  23. Das Keilstück
  24. Mahnmal für Opfer der NS-Diktatur
  25. Denkmal für die Schlacht bei Minden
  26. Der Mindener Buttjer
  27. Der Britische Gedenkstein1994
  28. Dankerser Schweinebrunnen 1994
  29. Die Bessel-Büste 1996
  30. Die Handwerker-Säule 1998
  31. Der Kohlenträger 1999
  32. Der Wartende 2004
  33. Gedenkstein am Fort B

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09. Hochwasser-Merkstein um 1910

Foto  Manfred Hoof aus Minden
Standort  Im Weserglacis - s. Text
Entstehungsjahr  um 1910
Material  Sandstein
Maße  ca. 2,50 Meter hoch
Beschriftungen  Hochwasser Merkstein der Weser - auf der Rückseite: W. Meier/ER./H.
 (möglicherweise die Signaturen der beteiligten Steinmetze)

 

Steinerne Erinnerung an schlammige Fluten
Der Hochwasser-Merkstein ist dem dauerhaften Risiko Hochwasser gewidmet – Extremsituation im Februar 1946

 „In wenigen Tagen ist die Weser  gewaltig angeschwollen.   Aus dem tiefliegenden Flusse ist ein hochgehender,  wilder   Strom geworden  der  weite Landflächen tief unter Wasser setzt und seine schlammige Flut pfeilschnell zu Tal führt.“  Dramatisch  schilderte das Minden-Lübbecker Kreisblatt am  27.   November 1890  den Anstieg des   Hochwassers.

„Über Nacht ist das Wasser durch die unverstopften  Abzüge auf die Fischerstadt gedrungen.“ An  Ereignisse wie  1890 erinnert im  Weserglacis  etwa seit 1910 der „Merkstein", über dessen Entstehung im   Denkmalinventar der Bauforscher relativ wenig überliefert ist. Eigentlich ist das Monument  aus Sandstein  kaum zu übersehen, aber im an  Denkmälern   nicht gerade armen  Glacis fällt er unter  Bäumen und. an einem  Parallelweg zur Weserpromenade nur bei direkter Annäherung so recht ins Auge. Dabei ist er einem   dauerhaften Risiko aller Flussuferstädte gewidmet, nämlich dem  Hochwasser.  14 schwere Überflutungen nennt die vom Gymnasiallehrer Schroeder  1886 verfasste Mindener Chronik  vom Mittelalter bis etwa 1850. Dabei kam es zu schwersten Schäden: etwa der Zerstörung  der   Weserbrücke(1513), Wasser auf  dem  Markt (1553, 1643 und 1682) oder dem  Einsturz der  Bunten Brücke (1798/99).
Die  Wasserstände am   Hochwasser-Merkstein berücksichtigen den  Zeitraum seit 1553; Sie beziehen sich auf das „Normal-Null" (NN) des Meeresspiegels. Wenn   der  MT-Vorläufer  Minden-Lübbecker  Kreisblatt 1890 einen konkreten Mindener Pegelstand der  Weser von 5,10 Meter für  den 27. November vermeldete, lautet  die Angabe auf dem   Hochwasserstein auf abstrakte 42,44 Meter über, NN.
Dramatische    Rettung eines   „Tippelbruders"
Zur Einschätzung von  Hochwasserfolgen um die Jahrhundertwende hilft der Blick in die Presse. Ein ausführliches Echo fand  dort kurz vor Errichtung des Merksteines auch das Februarhochwasser 1909. Für den 7. Februar  meldete das  Kreisblatt einen Pegelstand von 5,26 Metern  (am Gedenkstein: 42,54 Meter über  NN) und schilderte in seinem Bericht die Schäden: So  standen diverse Kellerräume im  Stadtgebiet unter Wasser, ein Holzlager am Brückenkopf weggerissen. Die Fluten hatten auch die Heizanlagen im Theater, dein benachbarten Festlokal „Tonhalle" sowie  im Kreishaus (heute Kommunalarchiv)  ausfallen lassen. Die Überflutung "des  Elektrizitätswerks in Hausberge führte  zum Komplettausfall  der Stromversorgung an der Porta.
Die Berichte in der Lokalzeitung beschränkten sich nicht auf die Region. Am 8. Februar 1909  hatte das Kreisblatt Mehrere Spalten für Hochwassermeldungen aus dem Weserbergland und   dem Sauerland, von Rhein, Ruhr, Main    und Saale reserviert. Dort war die  Rede von  weggerissenen  Brücken, umgekommenem Vieh, eingestürzten Häusern und ertrunkenen   Menschen - derartiges war dem   Mindener Land  Weitgehend erspart geblieben. Am dramatischsten gestaltete sich laut Zeitung wohl die Rettung eines   „Tippelbruders”, der in einem Schuppen  auf Kanzlers Weide genächtigt und vor den Fluten unterm Dach Zuflucht gesucht hatte. Völlig entkräftet war er Tage Später von der gegenüber liegenden Weserseite aus  von einem Wachposten der Pioniere entdeckt worden.   Soldaten brachten ihn unter Schwierigkeiten per Boot in Sicherheit: "Seine Retter brachten ihr zur Wache, labten ihn mit Speis und  Trank und brachten  ihn dann  am Weserglacis an Land."

Der "Merkstein" von 1910 trägt mittlerweile  auch   die Hochwasserdaten der  Jahre 1918, 1926 und  1946. Älteren Menschen sind das Neujahrshochwasser 1926 und die  Überflutungen im Februar 1946 noch  ein  Begriff.  Besonders 1946  ist dabei im  Gedächtnis vieler Mindenerinnen und  Mindener geblieben:  Zu Kriegszerstörungen  und Mangelwirtschaft kam damals ein Jahrtausendhochwasser,  das Teile der Unterstadt überflutete, Dörfer des   Umlandes  abschnitt  und Bahnstrecken beschädigte. Die Extremsituation des Februarhochwassers 1946  ist  zudem umfassend  durch Fotos   dokumentiert.

Wenn   auch   mehrere große Überschwemmungen der letzten Jahrzehnte verhältnismäßig  glimpflich für die Region abgingen, wird  „Hochwasser" für die Weserstadt Minden  immer ein Thema bleiben. Das dokumentiert rückblickend der Merkstein am Glacis.

Seine Beschmierungen und sein wenig gepflegter Zustand zeigen vielleicht aber auch die Verdrängung eines Dauerthemas für Gegenwart und Zukunft an dem „trockenen" Alltag . . .