Krieger in „heldischer“ Nacktheit
Die Plastik vor der ehemaligen Regierung wies auf mehr hin als
die Heilkraft des Wassers
Eigentlich
heißt die Brunnenplastik mit den drei überlebensgroßen halbnackten
Figuren Die „Heilkraft des Wassers". Bekannt ist sie als „Manzel-Brunnen".
Zur Entstehungszeit kursierte ein freundlicher Spottname: „Der
badende Regierungsrat".
Das lag nahe, denn der nach dem Bildhauer Manzel benannte Brunnen
stand vor dem prächtigen Neubau der Bezirksregierung Minden am
Weserglacis. Der Spottname vom badenden Regierungsrat kann als
Anspielung auf umständliche und personalintensive Behördenarbeit
verstanden weiden oder als Anspielung auf den Status leitender
Mitarbeiter, die ohne "Wasserträger" nicht auskommen.
1906 entstand zwischen Glacis und Klausenwall ein innen wie außen
aufwändig gestalteter Neubau für die preußische Bezirksregierung,
die bis dahin am Großen Domhof ihren zunehmend beengten Sitz
gehabt hatte. Mit dem Bau des Regierungsgebäudes sollte auch der
ehemals vor der Stadtmauer gelegene Bereich des Weserglacis
umgestaltet werden. Dazu gehörte der Brunnen mit der Figurengruppe.
Der Neubau der Bezirksregierung einschließlich der Nebengebäude,
der Beschaffung des Mobiliars und der Gestaltung des Weserglacis
samt Brunnen schlug' mit 1.253.200 Mark zu Buche. Der Entwurf der
Brunnenanlage stammt vom Berliner Bildhauer Karl Ludwig Manzel,
der für diese Arbeit ein Honorar in Höhe von 30.000 Mark erhielt.
Bei den drei männlichen Figuren „in heroischer Nacktheit" handelt
es sich um Krieger, die nur durch Helm und Schwert überhaupt als
solche erkennbar sind. Ein Krieger trägt beschützend seinen
verwundeten Kameraden. Ein dritter schöpft zu thren Füßen Wasser
für den 'Verletzten aus dem Brunnenbassin.
„Die Heilkraft des Wassers" lässt sich unterschiedlich deuten.
„Vordergründig zeigt sie Kameradschaft und gegenseitige
Hilfeleistung", so die Feststellung der Kunsthistorikerinnen
Ulrike Faber-Hermann und Monika Meier, die sich intensiv mit
Mindener Architektur um 1900 auseinandergesetzt haben.
Sie betonen die Beziehung der Brunnenplastik zum Regierungsgebäude,
das von diesem Kunstwerk mit interpretiert werde: In diesem
Zusammenhang solle der Brunnen Tapferkeit und eine heldenhafte
„Treue zum Vaterland" ausdrücken und diese „bleibend” über die
Epochen hinweg festschreiben. Deshalb können die drei „Krieger“ auch
nicht durch Kleidung oder Bewaffnung einer bestimmten Zeit
zugeordnet werden.
Mit dieser Geschichts-Inszenierung passt der Manzelsche Brunnen
auch zum Gesamtkunstwerk Regierungsgebäude. Die prächtige Anlage,
deren Entwurf vom Architekten Professor Paul Kanold stammte,
sollte Macht und Selbstbewusstsein des Staates dokumentieren. Die
Errichtung im Stil der Weserrenaissance schuf dabei eine
symbolische Brücke zwischen der Blütezeit des 16. Jahrhundert und
der Wirtschaftskraft des Wilhelminischen Kaiserreichs. |