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33. Gedenkstein am Fort B
Nur wenigen bekannt: Fast unter dem Gestrüpp verschwunden
Verborgener Gedenkstein erinnert an tödlichen Unglücksfall bei
Brückenübung im Fort B im Sommer 1933
Minden (mar). Der Stein erfüllt alle Kriterien eines vergessenen
Denkmals: nicht allzu groß, hinter Büschen und Sträuchern
verborgen und der Öffentlichkeit ohnehin nicht zugänglich.
Erst als Reaktion auf andere Folgen dieser Serie meldeten sich zwei MT-Leser mit Hinweisen auf den Gedenkstein für Dr. Friedrich Speich auf dem Gelände des Technologiezentrums der Deutschen Bahn. Erinnert wird an ein Unglück vor 74 Jahren. Damals wurde das Areal rund um das Fort B militärisch genutzt. __________________________________________________________________________________________________________________________ "Gestern Nachmittag gegen 5.30 Uhr ereignete sich auf dem Pionierübungsplatz bei den Versuchen mit Abbrennen von Brücken ein leichter Unglücksfall. Vier Mann wurden leicht verletzt, unter ihnen der Kommandeur, Major Dr. Speich." So meldete das MT am Freitag, 21. Juli 1933, unter "Stadtnachrichten", ähnlich las es sich im Konkurrenzblatt, der "Mindener Zeitung", die allerdings Speichs Dienstgrad als Oberstleutnant angab. Vermutlich hatte sich beim versuchsweisen "kriegsmäßigen" Zerstören von hölzernem Brückengerät mit Sprengstoff oder Brandbeschleunigern ein Unfall ereignet - so kann es sich auch Norbert Riechmann erklären. Der DB-Mitarbeiter und Feuerwehrmann war schon vor Jahren auf den Stein aufmerksam geworden.
Im Krankenhaus in Hannover verstorben
Für eine Woche schwiegen MT und MZ über den Unfall. Am 28. Juli erfuhren Leserinnen und Leser dann in großer Aufmachung im redaktionellen Teil und durch Traueranzeige, dass Speich "an den Folgeerscheinungen des am 20. Juli auf dem Landübungsplatz erfolgten Unfalls" nach "zweimaliger Operation", so das MT, im Krankenhaus I in Hannover verstorben war. Trotz umfangreicher und stellenweise pathetischer Würdigung des Toten erfuhren die Leser über die Umstände des Unglücks oder die genauen Verletzungen erneut nichts. Das Konkurrenzblatt MZ wusste von einer eigentlich gut verlaufenen Heilung der Brandwunden zu berichten und ergänzte, dass die "Kunst der Aerzte" dennoch nichts mehr vermocht habe: ein als "Todeskeim" bezeichnetes und nach dem Unglück wieder ausgebrochenes "inneres Leiden" aus dem Kriegseinsatz im Orient 1917-18 habe den Oberstleutnant sterben lassen. Die übrigen Verletzten seien auf dem Wege der Besserung. Die Inschrift am Sandsteinfindling enthält keine weiter führenden Informationen: "Hier verunglückte / im Dienst am 20. Juli 1933 / der Kommandeur / des 6. Preuss. Pi.-Btls. / Oberstleutnant / Dr. Fr. Speich / Gestorben 27. Juli 1933." Was geschehen war, wussten nur Anwesende, nicht die Öffentlichkeit. Im Rückblick lässt sich nur spekulieren, was dennoch an die Öffentlichkeit drang. Viele in der kleinen Garnison Minden kannten jemanden bei "Pi 6" - oder jemanden, der wen kannte . . . Ohnehin waren es angespannte Tage voller Unruhe und Gerüchte - auch das zeigt der Blick in die zwei Mindener Tageszeitungen, die nach einem halben Jahr Nazi-Herrschaft im Juli 1933 noch erschienen: Mehrfach werden in hektischem Ton Hausdurchsuchungen und Razzien gegen "Kommunisten" gemeldet - politische Verfolgungen sind in vollem Gang. Neue (Nazi)-Stadtverordnete ersetzen die aus dem Amt gedrängten Ratsmitglieder der SPD. Der so genannte "Kirchenkampf" beschäftigt das evangelische Minden. Vor diesem Hintergrund berichten die deutlich rechts stehende "Mindener Zeitung" und das eher bürgerliche "Tageblatt" jedoch ausführlich über die unter Mitwirkung von NS-Organisationen gestaltete Trauerfeier für Speich, dessen Söhne in Hitlerjugend-Uniform teilnahmen. Die Zeremonie in Minden war laut diesen Berichten auch Speichs Verbundenheit mit der Stadt geschuldet. Der Leichnam sollte eingeäschert und in Magdeburg im Kreise der Familie beigesetzt werden. Zuvor wurde der Sarg jedoch eigens von Hannover nach Minden überführt und am 30. Juli nach einem Gottesdienst in der Garnisonskirche St. Simeonis im Trauerzug durch die Altstadt geführt und auf dem Simeonsplatz mit Salutschüssen verabschiedet.
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